Als Graf Ekbert „sein Dorf“ im Jahre 1158 dem Kloster Formbach schenkte, war ausdrücklich die Kirche inbegriffen, die somit zu den ältesten urkundlich genannten Kirchen des Landes gehört. Der „alte“
Friedhof von Grafendorf wurde rund um die Kirche angelegt und wird bereits 1401 erstmals urkundlich erwähnt. Kaiser Josef II. ordnete aus hygienischen Gründen die Verlegung der Friedhöfe an. Im Jahre 1783 gab die Grundherrschaft die Einwilligung zur Anlage des neuen Friedhofs außerhalb des Dorfes. Damit verlor die Friedhofskapelle ihre Funktion und wurde, wahrscheinlich in Unkenntnis ihrer ursprünglichen Verwendung, später als Kreuzkapelle bezeichnet. Über die erste Errichtung des Baues existiert keine Aufzeichnung. Aus den Prozessakten über die Ermordung des Grafen Wurmbrand im Jahre 1704 geht jedoch hervor, dass der Leichnam in die Friedhofskapelle von Grafendorf gebracht wurde.
Nach dem Ende der Kurruzzeneinfälle konnte ab dem Jahre 1712 wieder an den Wiederaufbau gedacht werden. Ein besonderes Anliegen war der kirchliche Bereich, der unter den Auseinandersetzungen der früheren Jahre besonders gelitten hatte. Die „alte Kirche“ wurde umgebaut und erhielt im Wesentlichen die heutige Form. Der Ausbau des Pfarrhofes und die Umgestaltung der Friedhofskapelle fällt ebenfalls in diese Zeit. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde die künstlerische Ausgestaltung der Kapelle dem damals bereits bekannten Vorauer Stiftsmaler Johann Cyriak Hackhofer übertragen. Die im Innenraum aufscheinende Datierung „1724“, aber auch die räumliche Nähe zu Vorau und künstlerische Aspekte unterstützen diese Annahme. Zwei Fresken des Künstlers heben dieses Bauwerk aus der Vielzahl anderer Friedhofskapellen heraus. Es sind zwei, auch in den Farben besonders schöne Memento-mori (gedenke des Todes!)- Bilder. Die Gemälde „Der Tod und das Kind“ und „Der Tod und der Reich“ sind die einzigen, derzeit bekannten, frühen Darstellungen dieser Art in der Steiermark.
Die frühesten Darstellungen des personifizierten Todes finden sich bereits am Ende des 14. Jahrhunderts. Damals hatten sie nur die Aufgabe, Friedhöfe und Beinhäuser als Ort des Todes zu kennzeichnen. Seit etwas 1700 wird die Darstellung immer mehr in moralisierender und belehrender Weise verwendet. Dies trifft auch auf die beiden Fresken in Grafendorf zu.
Im ersten Gemälde schaukelt der Tod ein in der Wiege liegendes Kind. „Mori, Mori – Sterben, Sterben“ – ist der drastisch grausame Text des Wiegenlieds. In der linken Hand hält der Tod eine rote, welke Tulpe – ein barockes Todessymbol. Das Spruchband verstärkt in belehrender Weise den Bildinhalt: Auch die Wiegen ist schon zum Tod einsteigen.
Beim zweiten Gemälde sitzt ein alter Mann auf seiner Schatzkiste vor einem Tisch, der mit Geldsäcken bedeckt ist. Auch das leer gelaufene Stundenglas – ebenfalls ein Todessymbol – steht hier. Der Tod hebt schon die Waffe. Die zweite Knochenhand ballt sich zur höhnischen Feige. Wiederum verstärkt das Spruchband in moralisierender Weise den Bildinhalt: Alder auch Gelt und Gueth: bey mir nichts helfen thuet.
Auf die Vergänglichkeit des irischen Lebens wird auch in den Spruchbändern hingewiesen. Hackhofer hatte nur für zwei Bilder Platz; mit diesen Darstellungen spannte er jedoch den Bogen von der Kindheit bis zum Greisenalter.
Die plastisch gestaltete Kreuzigungsgruppe symbolisiert ebenfalls den Tod, weist aber gleichzeitig auf die Überwindung des Todes durch Jesus Christus hin. Die Restauration in den Jahren 1940 und 1978 sind in den Details leider nicht dokumentiert. Seit dem Jahre 1981 wird die Kapelle als Aufbahrungsraum genutzt. Nach der vollständigen Außen- und Innenrenovierung 2002 wurde die ursprünglich nach vorne vollständig offene Kapelle, mit einer zurückgesetzten transparenten Glasfront abgeschlossen. Ein Sichtschutz – bei der Nutzung als Aufbahrungsstätte – vermittelt dem Innenraum die Intimität, die Angesichts des Todes angemessen ist.
Die Außenfassade wurde so restauriert, dass die frühe, durch so genannte „Nagelrisse“ gestaltete Scheinarchitektur wieder deutlich sichtbar ist. Sie vermittelt dem Betrachter die Besonderheit und das hohe Alter dieses Bauwerkes.